Privates Baurecht: Selbsteintrittsrecht des Architekten in AGB unwirksam!

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In Architektenverträgen ist die sogenannte Selbsteintrittsklausel weit verbreitet. Diese ermöglicht es dem Architekten, die Schadensbeseitigung durch Ausübung eines Wahlrechtes an sich zu ziehen, wenn sich infolge eines Planungs- und/oder Überwachungsfehlers ein Mangel im Bauwerk verkörpert hat. Die Vertragsklausel, über die der Bundesgerichtshof zu befinden hatte, lautete: „Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadenersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird“. Inhaltlich vergleichbare Klauseln sind in Architektenverträgen weit verbreitet.

Der Bundesgerichtshof hatte über die vorgenannte Vertragsklausel in einem Rechtsstreit zu befinden, in dem der Bauherr den Architekten auf Schadenersatz in Anspruch nahm, weil eine fehlerhafte Planung und Überwachung des Architekten dazu führte, dass die Wohnungsinnen- und –trennwände einen unzureichenden Schallschutz aufwiesen.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist die Selbsteintrittsklausel – jedenfalls als allgemeine Geschäftsbedingung – unwirksam, weil sie bei Verwendung durch den Architekten den Bauherrn unangemessen benachteiligt, was die Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB zur Folge hat. Maßgebend ist nach der Entscheidung insoweit, dass durch das Selbsteintrittsrecht des Architekten dem Bauherrn die Entscheidung genommen wird, das mangelhafte Bauwerk zu behalten, auf Schadensbeseitigung zu verzichten und Anspruch auf Ersatz des Minderwertes zu verlangen, der sich infolge der mangelhaften Architektenleistung im Bauwerk niederschlägt. Diese „aufgezwungene“ Schadensbeseitigung benachteiligt nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes den Bauherrn unangemessen, weil die Interessen des Architekten an der Beseitigung durch ihn verursachter Schäden mit dem Selbsteintrittsrecht apodiktisch über die Interessen des Bauherrn gestellt werden. Einen weiteren Grund für die unangemessene Benachteiligung des Bauherrn sieht der Bundesgerichtshof darin, dass das Selbsteintrittsrecht des Architekten auch in den Fällen besteht, in denen der Bauherr durch die Qualität der Planungsleistung das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Architekten und seine fachliche Kompetenz verloren hat und dem Bauherrn deswegen eine Beseitigung der im Bauwerk eingetretenen Schäden durch den Architekten nicht mehr zuzumuten ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist konsequent – sie basiert auf der Rechtsprechung, dass der Architekt bei Planungs- oder Überwachungsfehlern, die sich bereits im Bauwerk verkörpert haben, nicht die Beseitigung dieser Mängel, sondern grundsätzlich Schadenersatz in Geld schuldet. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob der Architekt ein Nachbesserungsrecht hinsichtlich seiner eigenen Vertragsleistung hat. In der Fachliteratur wird ein solches Nachbesserungsrecht des Architekten jedenfalls zum Teil bejaht. Danach hat der Architekt die erforderlichen Planungs- und Überwachungsleistungen für die Sanierung des Schadens zu erbringen, wenn der Auftraggeber Nachbesserung verlangt. Die Unterscheidung zwischen der baulichen Beseitigung des Schadens und der Nachbesserung der Planungs- und Überwachungsleistung ist auch deswegen von erheblicher Bedeutung für Architekten, weil die Kosten für die sogenannte Sanierungsplanung nicht von den gängigen Architektenhaftpflichtversicherungen abgedeckt sind.

BGH, Urteil vom 16.02.2017, Az.: VII ZR 242/13
RA Daniel Wegener
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin
wegener@wollmann.de