Grundlagenplanung muss Kostenvorstellung des AG berücksichtigen!

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Der Bundesgerichtshof hatte sich in einem Revisionsverfahren mit Frage zu befassen, ob der Architekt unabhängig von einer vertraglich vereinbarten Baukostenobergrenze die wirtschaftlichen Möglichkeiten seines privaten Auftraggebers für die Planung eines Wohnhauses aufzuklären und ihm bekanntgegebene Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigten hat.

Der Architekt macht sein Architektenhonorar klageweise geltend, das ihm vom Landgericht und vom Berufungsgericht zuerkannt wurde. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zugelassen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Revisionsgericht hält es für denkbar, dass der Architekt nicht den vertraglichen Anforderungen entsprechend geplant habe, weil das von dem Architekten geplante Haus Herstellungskosten von über 1,5 Mio. DM erfordert hätte. Der Bauherr beruft sich als Beklagter darauf, er habe im Rahmen des Planungsprozesses seine Kostenerwartung mit ca. 800.000,00 DM dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebracht. Das Revisionsgericht ist davon ausgegangen, dass der Architekt keine Präzisierung oder Änderung des Kostenrahmens nach Vorlage einer Kostenschätzung oder Kostenberechnung erreicht habe. Die Kostenberechnung sei erst im Laufe des Prozesses vorgelegt worden. Die Behauptung des Beklagten, der klagende Architekt habe eine Kostenschätzung nicht übermittelt, wurde in der Revisionsinstanz als richtig unterstellt.

Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung aus, dass die Planungsleistung eines Architekten nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert als sie von den Parteien des Architektenvertrages trages vereinbart sind. Der Architekt sei verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei müsse er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23.01.2003 – VII ZR 362/01, BauR 2003, 566). Vielmehr sei der Architekt auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen (so schon BGH, Urteil vom 24.06.1999 – VII ZR 196/98, BauR 1999, 1319). Solche Kostenvorstellungen müsse der Architekt grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Der Architekt sei nämlich bereits in diesem Planungsstadium gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken (BGH, Urteil vom 11.11.2004 – VII ZR 128/03, BauR 2005, 400).

Insbesondere bei einem privaten Auftraggeber, dessen wirtschaftliche Verhältnisse nicht offen liegen und der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen kann, ist eine gründliche Aufklärung notwendig. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornehme. Er muss diese aufklären und darf nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des privaten Auftraggebers planen. Es sei auch das Wesen des Architektenvertrages, dass nicht alle Planungsvorgaben bereits beim Abschluss des Vertrages feststehen, sondern erst im Laufe des Planungsprozesses entwickelt und zum Vertragsinhalt werden. Zu solchen im Laufe des Planungsprozesses zu entwickelnden Planungsdetails gehörten auch die Kostenvorstellungen des Auftraggebers hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks, wenn sie nicht bereits bei Abschluss des Vertrages zum Ausdruck gebracht worden sind. Diese Kostenvorstellungen seien auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme.

Das Revisionsgericht vertrat nach alledem die Auffassung, dass es nicht auszuschließen sei, dass die Planung des Architekten den vertraglichen Anforderungen nicht genügt und für den Beklagten unbrauchbar war, weil das von dem Architekten geplante Haus Herstellungskosten von über 1,5 Mio. DM erfordert hätte. Das Berufungsgericht hatte nach Zurückverweisung erneut in die Beweisaufnahme einzutreten und die zur Beschaffenheitsvereinbarung (Kostenvorstellungen des Bauherrn) zu erhebenden Beweise unter den vom Senat entwickelten rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen.

BGH, Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 230/11

RA und Notar Michael Ch. Bschorr