Bauträgerrecht: Bezugsfertigkeit einer Wohnung

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Die Parteien streiten über die Bezugsfertigkeit einer Eigentumswohnung, die der Bauträger für den Käufer herstellen sollte. Der Erwerber bezahlte den Kaufpreis in Raten, je nach Bautenstand. Die letzten Raten waren nach „Bezugsfertigkeit“, „Erledigung der Fassadenarbeiten“ und „vollständiger Fertigstellung“ zu zahlen. Diese Raten sind vom Käufer noch nicht gezahlt. Der Bauträger zeigte verspätet die Fertigstellung an, der Käufer nahm die Wohnung unter Vorbehalt von Mängeln ab. Nun will der Bauträger den Besitz der Wohnung erst nach Zahlung von 99,9 % des Kaufpreises einräumen. Der Käufer beantragte im Wege der einstweiligen Verfügung, dass ihm der Bauträger die Wohnung gegen Zahlung der Raten „Bezugsfertigkeit“ und „Erledigung der Fassadenarbeiten“ übergibt. Das Landgericht Berlin folgt dem Antrag des Käufers. Dies bestätigte das Kammergericht (KG).

Das KG sieht den Grund für den Erlass der einstweiligen Verfügung darin, dass für das Gericht erkennbar ist, dass der Anspruch des Käufers besteht und der Bauträger die Besitzübergabe zu Unrecht verweigert.

Anknüpfungspunkt ist die Bezugsfertigkeit der Wohnung. Diese liegt vor, wenn trotz Vorbehalt einzelner Mängel die Beseitigung dieser erfolgen kann, ohne dass dadurch der Bezug der Wohnung durch den Erwerber wesentlich erschwert wird. Mängel, die bis zum Einzug des Käufers abgearbeitet werden können, hindern nicht an der Übergabe der Wohnung. Die Wohnung ist bezugsfertig. Beispielsweise gehört die Einpflege des Parketts zu den Mängeln, die trotz Abnahme nicht die Bezugsfertigkeit ausschließen, wenn die Erledigung bis zum Einzug geschieht.

Diese Argumentation ergibt Sinn. Für den Käufer einer Wohnung von einem Bauträger stellt es eine erhebliche Benachteiligung dar, wenn ihm die bezugsfertig hergestellte Wohnung nicht gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreisanteils übergeben wird. Die Lebensplanung ist meist auf den Einzug zum vereinbarten Zeitpunkt ausgerichtet. Auch wenn vorübergehend eine andere Wohnung, eine Pension oder ein Hotel angemietet werden könnte, entstehen zusätzliche Kosten. Diese müsste der Käufer finanzieren. Es ist meist nicht absehbar, über welchen Zeitraum eine Finanzierung erforderlich ist. Es drohen unangemessen hohe Kosten. Diese müsste der Käufer in einem Rechtsstreit gegenüber dem Bauträger geltend machen. Das ist einem Käufer nicht zuzumuten. Ebenso ist die Kündigung oder der Rücktritt für den Käufer keine Alternative. Es müsste ebenso auf eine andere Wohnung ausgewichen werden.

Mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung wird die Hauptsache nicht vorweggenommen. Es werden keine irreversiblen Fakten geschaffen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gebietet zügige Entscheidungen, nicht die Zurückstellung von Entscheidungen. Das Gericht kann mit den Erkenntnismöglichkeiten im einstweiligen Verfahren zuverlässig feststellen, ob der Anspruch des Käufers besteht.

Letztlich ist der säumige Schuldner nicht schützenswerter als der Erwerber der Eigentumswohnung. Das Interesse des Verkäufers, das Verfahren zu entschleunigen, überwiegt nicht die Interessen des Käufers. Die Wohnung ist ein besonders wichtiges Wirtschaftsgut für die Lebensführung.

KG, Urteil vom 05. Dezember 2017 – 21 U 109/17

Rechtsanwalt Daniel Mooser

Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, München

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