Bauträgerrecht: Abnahme des Gemeinschaftseigentums – gängige Vertragsregelungen unwirksam

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Für den Bauträger stellt sich bei der Realisierung eines Projektes regelmäßig das Problem, dass der Abverkauf nicht vorhersehbar ist. Zu einem Zeitpunkt, an dem über wichtige Weichenstellungen wie z. B. die Teilungserklärung entschieden werden muss, weiß der Bauträger also oft nicht sicher, wann die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht und wann die ersten bzw. die letzten Eigentumsanteile veräußert werden. Bei neu errichteten Bauwerken – und nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch noch zwei Jahre nach Bauwerkserrichtung – findet das Werkvertragsrecht in §§ 631 ff BGB Anwendung. Damit markiert die Abnahme gemäß § 640 BGB den Übergang vom Erfüllungsstadium in die Phase der Mängelhaftung. Sie setzt darüber hinaus die Verjährungsfrist für Mängelansprüche in Gang, § 634 a BGB. Die Abnahme nimmt in den nach Werkvertragsrecht zu beurteilenden Vertragsverhältnissen eine zentrale Bedeutung ein. Die Abnahme ist gemäß § 640 Abs. 1 BGB Hauptvertragspflicht des Bestellers. Im Bauträgervertrag bezieht sich diese Hauptvertragspflicht nicht nur auf das Sondereigentum, sondern auch auf das Gemeinschaftseigentum. Die Abnahme ist jedoch nicht nur Hauptvertragspflicht, sondern auch Recht des Bestellers, weil es ihm obliegt, mit der Abnahmeerklärung bestimmte Rechtswirkungen herbeizuführen oder eben nicht. Diese Bedeutung der Abnahme hat der Bundesgerichtshof in gleich drei aktuellen Entscheidungen herausgehoben.

Wegen dieser Bedeutung der Abnahme beurteilt die Rechtsprechung Regelungen in Bauträgerverträgen, mit denen eine gewisse Vereinheitlichung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums erreicht werden soll, regelmäßig streng. An einer solchen Vereinheitlichung hat der Bauträger ein (verständliches) Interesse, weil seine Haftung für Mängel bei einer längeren Abverkaufsphase weit ausgedehnt wird, denn auch der letzte Käufer kann Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum erheben oder die Wohnungseigentümergemeinschaft kann solche Ansprüche durch Beschluss an sich ziehen und sodann selbst gegen den Bauträger verfolgen.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in drei Urteilen entschieden – und damit eine schon länger in der Literatur und teilweise in der Instanzrechtsprechung vertretene Auffassung bestätigt –, wonach Vertragsregelungen zu einer unangemessenen Benachteiligung des Käufers führen, wenn sie entweder in der Teilungserklärung oder im Erwerbsvertrag vorsehen, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Sachverständigen oder Gutachter mit Wirkung für alle Erwerber (auch künftige) erfolgt, wenn die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Bauträger selbst als Erstverwalter erfolgen soll oder wenn ein Erwerber eine früher erklärte Abnahme des Gemeinschaftseigentums gegen sich gelten lassen soll.

Der Bundesgerichtshof sieht die unangemessene Benachteiligung darin, dass durch diese Vertragsregelungen zur Abnahme regelmäßig eine Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Mängelansprüche gemäß § 634 a BGB bewirkt wird. Dies verstößt in allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 309 Nr. 8 b) ff) BGB. Die vorgenannten Vertragsregelungen sind in der Praxis relativ weit verbreitet. Da vom Notar unterbreitete Regelungsvorschläge regelmäßig als allgemeine Geschäftsbedingungen einzuordnen sind, findet die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf nahezu jeden Bauträgervertrag Anwendung. Vor allem aus der Sicht des Bauträgers kommt es auf eine rechtssichere Vertragsgestaltung an, um Planungssicherheit zu erhalten. Im Hinblick auf die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist jedoch zu beachten, dass eine Vereinheitlichung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums nur unter äußerst engen Voraussetzungen möglich ist, die von den bislang in der Praxis weit verbreiteten Regelungsvarianten nicht erfüllt werden.

BGH, Urteil vom 30.06.2016, Az.: VII ZR 188/13;
BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az.: VII ZR 171/15;
BGH, Urteil vom 25.02.2016, Az.: VII ZR 49/15

RA Daniel Wegener
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Wollmann & Partner Rechtsanwälte, Berlin
wegener@wollmann.de