Baurecht: Unwirksame Sicherungsabrede

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Öffentliche Auftraggeber verwenden für ihre Verträge gerne eine Vielzahl von vorformulierten Vertragsbedingungen. Für Sicherheiten nutzt die öffentliche Hand die Sicherungsabrede aus Ziffer 4.3 BVB (Besondere Vertragsbedingungen). Darin heißt es, dass für die kombinierte „Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft“ das Formular 421 des Auftraggebers zu verwenden ist. Weiter sieht die Klausel vor, dass der Bürge auf die Einrede der Anfechtbarkeit verzichten muss. So auch in dem zu entscheidenden Fall. Der Auftragnehmer übergab eine Bürgschaft. Er verwendete vertragsgemäß das Formular 421. Vor Gericht hat der Auftragnehmer die Bürgschaft herausverlangt, mit dem Argument, die Sicherungsabrede sei unwirksam.

Das OLG München hat die erstinstanzliche Entscheidung des LG München I bestätigt. Der Auftraggeber muss die Bürgschaftsurkunde herausgeben.

Bei den BVB handelt es sich um von dem Auftraggeber als Verwender gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne von §307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Verzicht auf die Einrede der Anfechtung gemäß Ziffer 4.3 BVB benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen.

Der uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit ist nach überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung unwirksam. Gleichzeitig weicht der Verzicht von §17 Abs. 4 VOB/B ab. Grund für die Unwirksamkeit ist, dass selbst eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Auftraggeber ausgeschlossen wird. Dies ist eine wesentliche Beschränkung der Rechte des Auftragnehmers, die einseitig zu seinen Lasten erfolgt. Ihm wird damit jeglicher Schutz, den das Gesetz vorsieht, genommen.

Aufgrund der unangemessenen Benachteiligung ist die gesamte Sicherungsabrede unwirksam. Würde die Sicherungsabrede ohne den unwirksamen Teil aufrechterhalten, also ohne den erklärten Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, kommt es zu einem Widerspruch der vertraglichen Regelungen. Denn Ziffer 4.3 BVB sieht zwingend die Verwendung von Formblättern (421 bzw.422) vor, die aber die unwirksame Klausel ihrerseits wieder enthalten. Es bleibt unklar, wie mit diesem Widerspruch umzugehen ist. Es gibt keine Anhaltspunkte, wie sich die Parteien verhalten hätten, wenn sie den Widerspruch von Anfang an erkannt hätten. Zweifel bei der Auslegung von AGB gehen nach dem Gesetz zu Lasten desjenigen, der die AGB gestellt hat, hier der Auftraggeber. Der unwirksame Teil der Sicherheitenabrede ist somit nicht ohne weiteres von der gesamten Verpflichtung zur Stellung der Sicherheit zu trennen.

Jedenfalls aus der Kombination der Klauseln „Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit“ und „Verpflichtung zur Verwendung des Formblatts“ ergibt sich die Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsabrede.

Dieses Ergebnis entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung und unterstreicht, dass AGB klar und eindeutig formuliert sein müssen. Der Verwender von AGB ist gehalten, seine Bedingungen nicht unnötig kompliziert zu gestalten, da er ansonsten Gefahr läuft, dass nicht nur ein Teil der Klausel unwirksam ist, sondern die gesamte Bestimmung nicht mehr zur Anwendung kommt.

OLG München, Beschluss vom 07.11.2018 – 9 U 1903/18

Rechtsanwalt Daniel Mooser

Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, München

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