Auftragssumme“ als Bezugsgröße für Vertragsstrafe unwirksam
Aufsätze VeröffentlichungenDas LG Kleve hatte sich im Verfahren 2 O 272/11 im Rahmen einer Werklohnklage einer Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus drei mittelständischen Bauunternehmen, auch mit dem vom Auftraggeber geltend gemachten Vertragsstrafenanspruch zu befassen.
Die Auftragnehmer-ARGE hatte sich zu Sanierungsarbeiten an einem näher bestimmten Deich verpflichtet. Bestandteil des Bauvertrages war auch die VOB/B. In den Besonderen Vertragsbedingungen hieß es unter anderem: „Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzuges zu zahlen: Bei Überschreitung der Ausführungsfrist 0,2 von Hundert des Endbetrages der Auftragssumme. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 von Hundert der Auftragssumme begrenzt.“
Der Beklagte brachte eine Vertragsstrafe in Höhe von 563.957,95 EUR von einer der Abschlagsrechnungen in Abzug. Er verfolgt den Vertragsstrafenanspruch im Klageverfahren weiter. Das LG Kleve hat in seinem Urteil vom 14.03.2012 ent-schieden, dass die Vertragsstrafenregelung in den Besonderen Vertragsbedingungen gegen das Transparenzgebot verstößt und die Auftragnehmerin unangemessen benachteiligt und daher nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt diesem Gebot nur dann, wenn Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Verwenders so klar und präzise wie möglich umschrieben werden. Nach Auffassung des LG Kleve genügte die streitbefangene Vertragsstrafenklausel diesen Anforderungen nicht, weil der Begriff „Auftragssumme“ mehrere Deutungen zulässt.
Da in der streitbefangenen Klausel einerseits der Begriff „Auftragssumme“ und andererseits der Begriff „Endbetrag der Auftragssumme“ verwendet wird, kann darunter einerseits die Summe sämtlicher Aufträge bis zum Ende der Ausführung verstanden werden („Endbetrag der Auftragssumme“) und andererseits der Betrag, der von den Vertragsparteien vor der Ausführung festgelegt wird. Auf Grund dieser Auslegungsmöglichkeiten hielt das LG Kleve die Klausel für intransparent.
Des Weiteren entschied das LG Kleve, dass die Vertragsstrafenklausel zu einer unangemessen hohen Vertragsstrafe führen kann. Nach ihrer Formulierung führen sowohl ein verspäteter Beginn als auch verspätete Fertigstellung zur Vertragsstrafe. Diese Kumulation stellt nach Auffassung des Gerichts eine unangemessene Benachteiligung dar, weil der Höchstbetrag der Vertragsstrafe bereits nach einem kurzen Zeitraum – im vorliegenden Fall 13 Werktage – erreicht wird.
Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung in der Berufungsinstanz bestätigt wird. Das LG begründet die Entscheidung allerdings mit beachtlichen Argumenten. Nach Auffassung von Wollmann & Partner zeigt diese Entscheidung einmal mehr, dass formularmäßig verwendete Vertragsregelungen einer gründlichen Prüfung unterzogen werden müssen. Die Klausel, über die das LG Kleve zu entscheiden hatte, ist an die Vertragsstrafenklausel in Vergabehandbuch des Bundes angelehnt. Sie dürfte mithin vielfach verwendet worden sein.
LG Kleve, Urteil vom 14.03.2012, Az.: 2 O 272/11
RA Daniel Wegener