Auf 8 % kumulierte Sicherheitsleistung ist in AGB unwirksam

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Immer wieder kommt es zwischen Bauvertragsparteien zum Streit über Vertragsregelungen, die die Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung und die Mängelhaftung betreffen. Eine umfangreiche Kasuistik zeugt von der erheblichen Praxisrelevanz dieser Streitfrage. Im Kern geht es häufig darum, ob eine Sicherheitsleistung zu hoch ist und damit zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führt, was wiederum zu der (erheblichen) Rechtsfolge führen kann, dass die Vertragsregelung zur Sicherheitsleistung insgesamt unwirksam ist und der Auftragnehmer aus diesem Grund keine Sicherheit mehr leisten muss.

Andererseits geht es häufig um die Frage, ob durch die Kombination verschiedener, an sich verhältnismäßiger Sicherheitsleistungen, eine unverhältnismäßig hohe Sicherung entsteht.

Von diesen beiden Kernfragen betroffen sind viele Vertragsregelungen, die als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen sind (was sehr häufig der Fall ist), insbesondere auch ältere Vertragsregelungen der öffentlichen Hand.

Über eine solche Vertragsregelung hatte das OLG München zu befinden. Sie sah eine Sicherheit für die Vertragserfüllung in Höhe von 5 % der Auftragssumme vor und eine Sicherheit für Mängelansprüche in Höhe von 3 % der Abrechnungssumme. Weiter hieß es in der betreffenden Vertragsregelung: „Nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz kann der Auftragnehmer verlangen, dass die Sicherheit für die Vertragserfüllung in eine Mängelansprüchesicherheit umgewandelt wird.“

Das OLG entschied, dass diese Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führt, so dass sie gemäß § 307 Abs. 1 BGB insgesamt unwirksam ist. Zwar hält sich die Höhe der beiden Sicherheiten (5 % für Vertragserfüllung und 3 % für Mängelhaftung) bei isolierter Betrachtung innerhalb der vom Bundesgerichtshof für die Höhe der Sicherheitsleistung gezogenen Grenzen (BGH, Urteil vom 05.05.2011, Az.: VII ZR 179/10). Die vom OLG zu beurteilende Vertragsregelung sah zwar vor, dass die Sicherheit für die Vertragserfüllung umgewandelt werden kann in eine Sicherheit für die Mängelansprüche. Dies aber unter der Voraussetzung, dass die Abnahme erfolgt ist und alle bis dahin erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz erfüllt sind. Aufgrund dieser Voraussetzung sieht die Vertragsregelung die Stellung zweier Sicherheiten vor, die beide der Absicherung von Mängelansprüchen des Auftraggebers dienen.

Dem Wortlaut nach würden diese beiden Sicherheiten solange nebeneinander bestehen, bis alle Vertragserfüllungsansprüche des Auftraggebers befriedigt sind und die Abnahme erfolgt ist. Da dies unter Umständen erst geraume Zeit nach Fertigstellung der Leistungen des Auftragnehmers der Fall ist, bestehen für diesen gegebenenfalls nicht unerheblichen Zeitraum beide Sicherheiten in Höhe von insgesamt 8 % kumuliert nebeneinander. Nachdem der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 05.05.2011 entschieden hat, dass eine Kumulation verschiedener Sicherheiten auf insgesamt 10 % zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers führt, entscheidet das OLG München dies nun auch für den Fall, dass die Sicherheitsleistung insgesamt 8 % beträgt.

Nach Auffassung von Wollmann & Partner zeigt diese Entscheidung einmal mehr die Bedeutung einer sorgfältigen Vertragsgestaltung. Bereits durch ungenaue Regelungen kann es für bestimmte Sachverhaltskonstellationen zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers kommen mit der erheblichen Folge, dass die Vertragsregelung insgesamt unwirksam sein kann. Aufgrund der Bedeutung von Sicherheitsleistungen im Bauvertragsrecht ist eine sorgfältige Vertragsgestaltung zu empfehlen. Da sich bei genauer Prüfung Vertragsregelungen zur Sicherheitsleistung nicht selten als unwirksam erweisen, ist dem Auftragnehmer die Überprüfung von Regelungen zur Sicherheitsleistung in abgeschlossenen Verträgen regelmäßig anzuraten.

OLG München, Urteil vom 16.07.2013 – 9 U 5194/12

RA Daniel Wegener

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Wollmann & Partner Rechtsanwälte, Berlin

wegener@wollmann.de