Architektenrecht: Haftung von Architekten und Ingenieuren wegen Baukostenüberschreitung

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Die Erhöhung von Baukosten im Rahmen der Planung und Bauausführung ist ein grundsätzliches Problem in der Praxis. Der Auftraggeber sieht hier oftmals den Architekten/Ingenieur in der zwingenden Pflicht, die Einhaltung von Baukostenobergrenzen so zu überwachen, dass es zu keiner Kostenerhöhung kommt. Auch die Leistungsbilder der HOAI verlangen hier von Architekten/Ingenieuren umfassende Pflichten zur Kostenkontrolle. Dazu gehört es auch, die Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei der Planung abzufragen und während des gesamten Bauablaufs zu berücksichtigen.

Das OLG Düsseldorf (OLG) hatte in einer aktuellen Entscheidung darüber zu urteilen, wie mit einer Baukostenüberschreitung umzugehen ist, wenn keine Kostengrenze vereinbart wurde.

Dem Urteil des OLG´s lag nachfolgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger (Kl.) nahm den verklagten Architekten (Bekl.) wegen einer Baukostenüberschreitung unter seiner Aufsicht bei der Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf Schadenersatz in Anspruch. Der Bekl. übermittelte dem Kl. bereits vor der Errichtung grobe Schätzungen der Herstellungskosten auf Grundlage von Kubikmeterpreisen des umbauten Raumes und unterschiedlichen Ausstattung. Der Bekl. berechnete die Kosten für ein Wohnhaus mit 1.351 Kubikmeter umbauten Raumes sowie einer Garage von 135 Kubikmetern. In der Standardausstattung sollte das Bauvorhaben 361.000 Euro kosten, bei der gehobenen Ausstattung 439.190 Euro. Der Kl. entschied sich dann aber für ein Volumen von 1.472,071 Kubikmetern für das Haus und von 158,449 Kubikmetern für die Garage. Der Bekl. legte hierfür keine neue Kostenschätzung vor. In seinem Architektenvertragsentwurf nahm er Baukosten von netto 360.000,– Euro an, der Vertrag wurde aber nicht unterzeichnet. Die Herstellung kostete schließlich inklusive Baunebenkosten 594.013,73 Euro. Ein Sachverständiger stellte fest, dass die Errichtung stark gehobenem Standard entsprechen würde. Der Kl. forderte von dem Bekl. die Zahlung von 186.105,- Euro wegen der Baukostenüberschreitung. Der Bekl. habe seine Pflicht zur Kostenermittlung nach DIN 276 aufs Gröbste verletzt, da er bereits in der Planungsphase keine abschließende Kostenberechnung vorgenommen hatte, auch ein Kostenanschlag wurde nicht erstellt. Das LG wies die Klage ab, auch die Berufung zum OLG blieb erfolglos. Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zu Revision abgewiesen.

Die Richter begründeten ihr Urteil wie folgt: Dem Kl. stand kein Schadenersatzanspruch nach §§ 634 Nr. 4, 636, 280 BGB wegen einer Pflichtverletzung des Bekl. zu. Zur Bestimmung einer Baukostengrenze muss sichergestellt sein, dass die Parteien eine bestimmte Kostengrenze vereinbart hatten. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht aber nicht feststellen, dass der Kl. eine für den Bekl. erkennbare konkrete Kostenvorstellung hatte. Der Angabe der Kosten im Bauantrag kommt keine indizielle Bedeutung zu. Der Toleranzrahmen wird vom Gericht bei bis zu 40 % gesehen. Es sei auch nicht festzustellen gewesen, dass die Parteien fest vereinbart hatten, dass eine Kostenberechnung, ein Kostenanschlag und eine Kostenfeststellung vom Bekl. geschuldet wurden. Die Parteien hatten keinen schriftlichen Vertrag geschlossen. Was tatsächlich geschuldet war, ließ sich deshalb vom Gericht nicht feststellen, so dass aus Gründen der Beweislast das Gericht davon ausging, dass der Beklagte dies nicht schuldete. Auch hat der Kl. nicht dargelegt, dass eine Ursächlichkeit der Verletzung für den Schaden vorgelegen habe, d.h. dass er den Bau nicht fortgesetzt hätte, wenn er von den Mehrkosten Kenntnis gehabt hätte.

Wollmann & Partner kommentiert diese Entscheidung, weil die Frage der Haftung für Baukostenüberschreitungen besondere Praxisrelevanz besitzt. Geplante Kosten einzuhalten gestaltet sich im Rahmen der Erstellung eines Bauwerks oft schwierig.

Die HOAI 2013 hat in ihren Leistungsbildern Architekten/Ingenieuren eine besonders weitreichende Verpflichtung zum Kostenmanagement und –kontrolle auferlegt. Der Architektenvertrag aus der genannten Entscheidung unterlag noch den Vorgaben der HOAI 1996. Die vom Gericht attestierten Grundsätze werden auch bei Entscheidungen, die dem Anwendungsbereich der HOAI 2013 unterfallen, anzunehmen sein. Wichtig ist dabei, festzustellen, was tatsächlich zwischen den Parteien vereinbart wurde und welches Leistungssoll geschuldet wird.

Andererseits verdeutlicht das Urteil auch, dass der Architekt/Ingenieur, wenn dies zu seinen übernommenen Aufgaben gehört, besondere Pflichten bei der Einhaltung der Baukosten hat. Diesem Risiko gilt es durch aktive Ermittlung der Baukosten, Abstimmung mit dem Bauherrn und offensives Informationsmanagement zu begegnen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2014, Az.: 23 U 166/12, nachfolgend BGH, Nichtzulassungsbeschluss vom 06.04.2016, Az.: VII ZR 81/14

RA Rüdiger Schilke
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Wollmann & Partner Rechtsanwälte, München
schilke@wollmann.de