Darlegung des Umfanges einer Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB
Aufsätze VeröffentlichungenAuch wenn die Neufassung des § 648 a BGB eine Reihe von Fragen zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung beantwortet hat, ist festzustellen, dass auch die seit 01.01.2009 geltende Fassung (andere) Fragen zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung und der Höhe der Sicherheitsleistung aufwirft.
Hoch umstritten ist dabei die Frage, was der Auftragnehmer bei einem von ihm geltend gemachten Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB zur Höhe dieser Sicherheitsleistung darlegen und bei gerichtlicher Auseinandersetzung beweisen muss. Mit dieser Frage war nunmehr der BGH befasst.
Grundlage des Verfahrens war ein vom Auftragnehmer geltend gemachter Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB in Höhe von ursprünglich knapp 393.000,00 € und im Revisionsverfahren zuletzt noch in Höhe von knapp 98.000,00 €. Der Auftragnehmer hatte sich zur Herstellung einer Blechfassade und zu Arbeiten an einem Dach des Kesselhaues einer Abfallverbrennungsanlage verpflichtet. Die Einbeziehung der VOB/B war vereinbart. Vereinbart war ein Werklohn in Höhe von ca. 199.000,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Vor Fertigstellung aller Vertragsleistungen kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag aus wichtigem Grund, nachdem dem Auftragnehmer die Verletzung von Sicherheitsvorschriften auf der Baustelle vorgeworfen war. Der Auftragnehmer widersprach der Kündigung und verlangte eine Sicherheit in Höhe von knapp 393.000,00 €. Erstinstanzlich verfolgte der Auftragnehmer einen Anspruch auf Sicherheitsleistung in Höhe von ca. 226.000,00 €, das Landgericht wies die Klage jedoch ab. Mit der Berufung verlangte der Auftragnehmer noch eine Sicherheitsleistung in Höhe von knapp 98.000,00 €, das Berufungsgericht hat den Auftraggeber antragsgemäß verurteilt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass dem Auftragnehmer nur eine Sicherheitsleistung in Höhe von ca. 82.000,00 € zusteht, bezüglich des darüber hinausgehenden Betrages wurde die Revision zurückgewiesen.
Kern des Revisionsverfahrens war einerseits die Frage, ob der Auftragnehmer auch noch nach Kündigung und ohne weiter zu erbringende Vorleistungen Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB hat und andererseits die Frage, wie die „vereinbarte Vergütung“ im Sinne von § 648 a Abs. 1 S. 1 BGB im Falle der Kündigung des Bauvertrages zu ermitteln ist.
Der BGH hat klargestellt, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung auch nach Kündigung des Bauvertrages besteht und zwar unabhängig davon, ob der Auftragnehmer noch Vorleistungen zu erbringen hat oder nicht. Insoweit verfolgt die Neufassung des § 648 a BGB einen gänzlich anderen Ansatzpunkt als die Altfassung, nach der der Anspruch auf Sicherheitsleistung davon abhing, ob der Auftragnehmer noch Vorleistung zu erbringen hat. Diese Voraussetzung gibt es in der Neufassung der Gesetzesregelung nicht mehr, so dass nach herrschender Auffassung der Anspruch auf Sicherheitsleistung auch nach Kündigung des Bauvertrages besteht.
Hoch umstritten ist dagegen die Frage, in welcher Höhe die Sicherheitsleistung bei einer Kündigung des Bauvertrages besteht. In der Literatur wird hierzu verbreitet die Auffassung vertreten, dass das Sicherungsbedürfnis des Unternehmers und damit die Höhe der Sicherheitsleistung mit der Entwicklung des Vertrages und einer etwaigen Änderung des Leistungsumfanges und der daraus resultierenden Auswirkungen auf die Vergütung zusammenhängen. Nach dieser Auffassung müsste der Auftragnehmer seinen Vergütungsanspruch unter Berücksichtigung etwaiger Leistungsänderungen und einer etwaigen Kündigung des Vertrages praktisch mit der Intensität einer Schlussrechnung darlegen, wobei für diese Berechnung der Zeitpunkt maßgebend ist, indem er den Anspruch auf Sicherheitsleistung geltend macht.
In der Rechtsprechung wird dagegen weit verbreitet die Auffassung vertreten, dass Leistungsänderungen und die Kündigung des Bauvertrages keinen Einfluss auf die Höhe der Sicherheitsleistung haben. Begründet wird diese Auffassung damit, dass der Gesetzgeber mit § 648 a BGB ein schnell zu verwirklichendes und effizientes Sicherungsmittel zur Verfügung stellen wollte. Das Erfordernis einer (teilweise komplexen) Abrechnung konterkariere dem Gesetzeszweck. Nach dieser Auffassung, die im vorliegenden Fall auch das Berufungsgericht vertrat, ist die Höhe der Sicherheitsleistung auch bei Kündigung des Bauvertrages in der Weise zu berechnen, dass von der vertraglich vereinbarten Vergütung die tatsächlich geleisteten Abschlagszahlungen abgezogen werden. Der so ermittelte Betrag stellt das Sicherungsbedürfnis des Auftragnehmers dar, der darüber hinaus nichts weiter darlegen muss.
Der BGH vertritt die Auffassung, dass der Wortlaut der Gesetzesregelung keinen Anhaltspunkt bietet, den Auftragnehmer aus der Abrechnungspflicht zu entlassen, die ihm im VOB/B-Bauvertrag nach § 14 ohnehin innerhalb einer bestimmten Frist obliegt. Daraus folgert der BGH, dass der Auftragnehmer als Grundlage der geltend gemachten Sicherheit den Vergütungsanspruch in dem Zeitpunkt darlegen muss, in dem er die Sicherheit verlangt. Die vereinbarte Vergütung im Sinne von § 648 a Abs. 1 S. 1 BGB berechnet sich bei einer Kündigung jedenfalls im VOB/B-Bauvertrag nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 oder § 8 Abs. 6 VOB/B. Diese beiden Abrechnungsvorschriften sind jedenfalls im VOB/B-Bauvertrag als Berechnungsgrundlage für den Vergütungsanspruch vereinbart.
Dem Sinn und Zweck des § 648 a BGB, ein schnell durchzusetzendes und effizientes Sicherungsmittel zur Verfügung zu stellen, wird nach Auffassung des BGH dadurch Rechnung getragen, dass die Abrechnung des Vergütungsanspruches lediglich einer Schlüssigkeitsprüfung unterzogen wird und Einwendungen des Auftraggebers nur dann zuzulassen sind, wenn sie die Durchsetzung des Sicherungsverlangens nicht verzögern. Gleiches gilt auch für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Berechnung des Vergütungsanspruches. So soll also nach Auffassung des BGH der Auftraggeber nicht mit der Behauptung gehört werden, es lägen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vor, wenn die Tatsachen, die den wichtigen Grund bilden sollen, zwischen den Vertragsparteien umstritten sind.
Nach diesen Prüfkriterien kam der BGH im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Auftragnehmer zwar seinen nach Kündigung des Bauvertrages noch verbleibenden Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen schlüssig abgerechnet hat, der sich zusammen mit den Nebenforderungen in Höhe von 10 % gemäß § 648 a Abs. 1 S. 1 BGB auf 82.714,00 € beläuft. In dieser Höhe hat der BGH den Anspruch auf Sicherheitsleistung auch erkannt. Der darüber hinausgehende Vergütungsanspruch für die nicht erbrachten Leistungen war nach Auffassung des BGH vom Auftragnehmer nicht schlüssig dargelegt worden, weil insbesondere ersparte Aufwendungen und anderweitiger Erwerb nicht nach den hierfür geltenden Beweislastkriterien vom Auftragnehmer substantiiert vorgetragen wurden. In diesem Umfang hielt der geltend gemachte Anspruch auf Sicherheitsleistung der Schlüssigkeitsprüfung des BGH nicht stand.
Nach Auffassung von Wollmann & Partner stellt diese Entscheidung des BGH eine wichtige Klarstellung für die Berechnung der Sicherheitsleistung dar. Es bleiben aber weiterhin Fragen offen: So ist nach wie vor nicht geklärt, ob der Auftragnehmer „nachberechnen“ muss, wenn er zunächst vor Kündigung des Bauvertrages den Anspruch auf Sicherheitsleistung auf die vertraglich vereinbarte Vergütung stützt, ob die vom BGH entwickelten Grundsätze auch für den BGB-Bauvertrag anzuwenden sind. Letztlich wird künftig im Einzelfall auch verstärkt zu beleuchten sein, welche Einwendungen des Auftraggebers gegen den Vergütungsanspruch zu beachten sind und welche nicht.
BGH, Urteil vom 06.03.2014, Az.: VII ZR 349/12
RA Daniel Wegener